Wolle Mythen

Paulina Jenfeldt
Paulina Jenfeldt VIER PFOTEN Ehrenamtskoordination • 23 März 2022
Schafherde

Während die Landwirtschaft, insbesondere die Fleisch- und Milchproduktion, häufig als Klimakiller genannt wird (und das zu Recht), wird über die Tiere, die wir für die Textilindustrie halten, kaum gesprochen. Daher haben wir einige Mythen zum Thema Wolle mal genauer unter die Lupe genommen. 🔍

 

Mythos 1: "Schafe müssen sowieso geschoren werden, daher ist Wolle ein tierfreundliches Material."

Schafe müssen nur geschoren werden, weil sie von den Menschen daraufhin gezüchtet wurden, besonders viel Wolle zu produzieren. Ohne das Einwirken des Menschen würden Schafe nur genau so viel Wolle produzieren, wie sie bräuchten, um ihre eigene Temperatur zu regulieren. 🌞🐑 Die Schur selbst ist für die Schafe mit großem Stress und häufig auch Schmerzen verbunden, da die Arbeiter:innen häufig unter Zeitdruck stehen und Tierwohlschulungen fehlen.

 

Mythos 2: "Wolle ist ein Naturprodukt und dementsprechend nachhaltig und umweltschonend."

Tatsächlich wirkt sich die Wollproduktion deutlich negativ auf die Umwelt und unser Klima aus. 🌍 Um die globale Nachfrage nach Wolle zu decken, werden Millionen Schafe weltweit gehalten. Diese großen Tierherden produzieren große Mengen des Treibhausgases Methan, das 25mal klimaschädlicher ist als CO2. Auch die Herstellung von Futtermitteln und der damit einhergehende Flächenverbrauch sind alles andere als umweltschonend. Verglichen mit der Produktion anderer Materialien, die für ähnliche Zwecke wie Wolle verwendet werden, sind die Klimakosten von Schafwolle dreimal höher als die von Acryl und mehr als fünfmal höher als die von konventionell angebauter Baumwolle.

Es gibt dazu einen umfangreichen, (englischsprachigen) Report, den ihr hier findet: Shear Destruction — Collective Fashion Justice

 

Mythos 3: "Schafe werden doch nur draußen gehalten und haben ein gutes Leben."

Die Schafhaltung für die Wollproduktion ist mit vielen Tierschutzproblemen verbunden. Neben den routinemäßigen Verstümmelungen (z.B. Kupieren des Schwanzes) und des oft groben Scherprozesses, sind insbesondere auch der Transport und die Schlachtung mit großem Leid verbunden. Wenn die Tiere nicht mehr rentabel für die Wollindustrie sind, werden sie zur Schlachtung verkauft. Hinzu kommt eines der größten Tierschutzprobleme in der Wollindustrie und zwar das sogenannte Mulesing. Bei dieser grausamen Prozedur werden den Schafen als Prävention gegen Fliegenmadenbefall ohne Betäubung große Hautstreifen am Po weggeschnitten.

 

Mythos 4: "Mulesing ist notwendig, um die Schafe vor Fliegenmadenbefall zu schützen."

Mulesing ist eine schmerzhafte Verstümmelungspraxis, bei der Lämmern große Hautfalten am Po meist ohne Betäubung weggeschnitten werden. Mulesing ist eine veraltete und schmerzhafte Prozedur, die nicht einmal vollständig vor dem Fliegenmadenbefall schützt, da die Fliegen immer noch Hautfalten am restlichen Körper des Schafes befallen können. Außerdem kann auf andere Schafzüchtungen zurück gegriffen werden, die weniger Hautfalten haben und dementsprechend von Natur aus resistenter gegen Fliegenmadenbefall sind, sodass das grausame Mulesing nicht mehr zum Einsatz kommen muss. Es hat sich auch gezeigt, dass weniger Hautfalten keinesfalls weniger Wollmenge oder eine schlechtere Wollqualität bedeuten.

 

Mythos 5: "Mulesing ist in Deutschland kein Problem."

Es stimmt zwar, dass Mulesing nur in Australien durchgeführt wird und in Deutschland verboten ist, jedoch wird aus Australien stammende Mulesing-Wolle auch nach Deutschland exportiert. Es kann also trotzdem sein, dass sich Mulesing-Wolle in Produkten in Deutschland wiederfindet. Daher ist Mulesing auch in Deutschland ein Problem und Käufer:innen hierzulande sollten beim Kauf von Wollprodukten ganz genau hinsehen und ausschließlich zertifiziert mulesing-freie Wolle kaufen. ❤️🐑